Zürcher Unterländer
Februar 2013
Jugendsünden tilgen als lukratives Business
dietlikon. Tätowierungen halten für immer – müssen aber nicht. Seit einem Jahr bietet eine Dietliker Start-up-Firma die einfache und saubere Entfernung unerwünschter Tattoos. In der kleinen Praxis steht der erste 4-Wellen-Laser der Schweiz.
Es mutet ziemlich futuristisch an, wenn sich Patrick Aeberli an die Arbeit macht. Ausgerüstet mit voll verspiegelter Schutzbrille und schwarzen Gummihandschuhen, bereitet er sich auf die Behandlung vor. «Das dauert nur ganz kurz», sagt der Tattooentferner und beginnt. Seine Klientin mag nicht hinsehen und dreht sich mit angespannter Mimik ab. In seiner rechten Hand hält Aeberli die filigrane Laserspitze, links den Kaltluftschlauch.
Es knistert merkwürdig, während vorne am Laser kleine Lichtpunkte wie Funken zu erkennen sind. Der gebündelte Lichtstrahl zerkleinert so innert weniger Sekunden die Farbpigmente unter der Haut von Manuela Bandello. «Eine Jugendsünde», nennt die Wangenerin ihr Tattoo am Oberarm.Vom Schneeleopardenkopf ist nach acht Behandlungen immer weniger zu sehen, das vermeintliche Kunstwerk verschwindet allmählich. «Im Businessumfeld ist das Tattoo hinderlich», erklärt die Personalchefin eines grossen Detaillisten ihre Motivation hinter der Entfernungsaktion. «Ich konnte ja nichts Gescheites mehr anziehen im Geschäft, und sogar durch die Bluse hat man das Tattoo noch gesehen.»
Hochkonzentriert beugt sich Patrick Aeberli über das, was noch übrig ist vom Tattoo. Keine Minute später ist die heutige Sitzung auch schon vorbei. «Dieses Mal hat es nicht mehr so sehr geschmerzt», meint die Klientin erleichtert und schreitet zum letzten Akt. Per Kreditkarte bezahlt sie 99 Franken für die aktuelle Behandlung und macht sich danach auf den Heimweg. Nächstes Mal wird sie in einem Monat bei ihm auftauchen. Wie oft sie noch kommen muss, wird sich noch zeigen.
Laserwirkung mit Verzögerung
Der Unterschied zu vorher ist unmittelbar nach dem Lasern wider Erwarten nicht gross erkennbar. «Der Körper trägt jetzt innerhalb der nächsten drei Wochen die zerkleinerten Pigmente ab», erklärt der Spezialist, der sich intensiv mit der Tattooentfernung auseinandersetzt. Sein Geschäftspartner und Mitbegründer der ersten Tattoentfernungspraxis GmbH in Dietlikon ist Adrian Gsell. Dieser hatte bereits auf einem anderen Geschäftsfeld eine gute Nase bewiesen: Vor zehn Jahren gründete Gsell die Putzfrauenagentur, die heute Ableger in der ganzen Schweiz hat (siehe Box). «Stell dir vor, das Tattoo ist wie ein Spiegel, den wir mit dem Laser in Stücke zerschlagen. Diese sind so klein, dass sie sich lösen können und vom Körper anschliessend ohne weiteres Zutun selbständig abgebaut werden.»
Nur vier solche Geräte in Europa
Zurück bleibt gemäss den beiden Gründern der Spezialpraxis so gut wie nichts – sicherlich keine Narben und im Idealfall auch kaum Veränderungen am Hautbild. «Bisher waren die Resultate einer Tattooentfernung mit den begrenzten technischen Möglichkeiten nicht immer so gut», sagt Patrick Aeberli. Zur grossen Skepsis in der Bevölkerung und einem eher schlechten Ruf hätten zudem paradoxerweise Dermatologen beigetragen, haben die beiden Jungunternehmer festgestellt. Denn deren Lasergeräte seien zwar für die Haarentfernung und Beseitigung von kleinen Krampfadern – den Besenreissern – gemacht, nicht aber zur Tattooentfernung.
Der Erfolg der Dietliker Praxis hängt zu einem grossen Teil vom hochmodernen Lasergerät ab, das unscheinbar in einer Ecke des Raumes steht. Bisherige 2-Wellen-Laser seien nur in der Lage, ein beschränktes Spektrum an Farben wegzuschiessen, erklärt Gsell. Der neue 4-Wellen-Laser ist ein Novum und nicht ganz billig. «In ganz Europa gibt es momentan nur drei weitere solcher Geräte: in London, Berlin und in Frankreich», weiss Gsell. Dass sie also bei den Ersten sind, die mit dem Hightechgerät arbeiten können, macht Gsell und Aeberli stolz. Denn dank der unternehmerischen Erfahrung von Gsell und einem überzeugenden Einstand als Tattooentferner hat es seine Hausbank ermöglicht, die 150 000 Franken teure Anlage zu finanzieren. Es ist bereits der dritte Laser binnen eines Jahres, der in Dietlikon zum Einsatz kommt. «Der neuste Laser stellt sich selbständig auf die Farben ein und ist viel leistungsfähiger als der alte, wird aber auch heisser», erklärt Aeberli. Deswegen gibts jetzt auch ein Hochleistungskühlsystem, das die Entfernung für die Klienten erträglicher machen soll. Denn ganz schmerzfrei ist die Sache nicht. «Viele meinen, die Schmerzen seien vergleichbar mit dem Stechen der Tattoos – nur, dass es sich etwas anders anfühle », erzählt Patrick Aeberli. Eine einzelne Entfernungsbehandlung dauert jetzt aber ohnehin nur noch einen Viertel der bisherigen Zeit mit dem alten Laser.
Die beiden Geschäftspartner sind zuversichtlich, dass ihre Firma weiter wachsen wird. Das Konzept sei im Kern an dasjenige der Putzfrauenagentur angelehnt, sagt Gsell. «Wir wollen uns auf das Kerngeschäft konzentrieren und nicht noch viele andere Dinge anbieten.»
Durch die Spezialisierung ergibt sich auch eine höhere Professionalisierung und eine schnellere Amortisation. Das erlaubt es den beiden, bereits an einen Ausbau zu denken. So soll dieses Jahr expandiert werden, die Unternehmer denken an den Platz des benachbarten Solariums. Doch vorderhand gilt: «Ich habe eine Sechstagewoche, weil wir so gut ausgelastet sind», sagt Aeberli. Nun soll eine Praxisassistentin Entlastung bringen.
Mit Putzfrauen angefangen
fehraltorf/regensdorf. Der Unternehmer Adrian Gsell hat bereits mit der Vermittlung von Reinigungskräften ein lukratives neues Business aufgezogen. Seit zehn Jahren ist er mit seiner Putzfrauenagentur tätig und hat damit einen guten Riecher bewiesen. Inzwischen arbeiten über 1000 Angestellte für das Netzwerk, das an 15 Standorten in der Schweiz mit eigenen Agenturen präsent ist. Ein Ableger von Gsells Firma ist auch im Unterland, in Regensdorf, tätig. Seit drei Jahren verfügt die Putzfrauenagentur sogar über eine eigene Ausbildungsakademie für das Personal.
Journalist: Christian Wüthrich