Regio

März 2013

Ein Leben auf der Überholspur

FEHRALTORF Adrian Gsell gründete vor zehn Jahren die heute schweizweit grösste Putzfrauenagentur. Sein Erfolgskonzept: der Glaube an die eigene Stärke.

Heute weiss Adrian Gsell, wie sich Erfolg anfühlt. Seine Putzfrauenagentur, die grösste der Schweiz, feiert dieses Jahr ihr 10-Jahr-Jubiläum. Dem Fehraltorfer geht es gut. Das war auch schon anders. Vor zwölf Jahren wurde er von seiner Firma entlassen, «weil ich mehr verdient habe, als der damalige Chef meines direkten Vorgesetzten», erzählt Gsell. Der gelernte Mechaniker war damals als Key-Account-Manager für die Betreuung der wichtigsten Kunden zuständig. Nachdem er weg war, sei die Abteilung drei Monate später aufgelöst worden – und er trotz zahlreicher Bewerbungen immer noch ohne Job. «Das war eine schwierige Zeit», blickt er heute zurück. Doch aus der Not machte er eine Tugend und tüftelte ein halbes Jahr lang an einem Konzept herum, um die Putzfrauenagentur zu gründen. «Meine Agentur hat eingeschlagen wie eine Bombe», sagt er. «Ich konnte damit eine Marktlücke schliessen.»

Dieses Jahr feiert «Putzfrau.ch» Jubiläum. «Wir werden es mit einem riesigen Fest zelebrieren, aber ich bilde mir nichts darauf ein», sagt Gsell. Mittlerweile sind 15 seiner Agenturen in der Schweiz aktiv und beschäftigen zusammen weit über 1000 Mitarbeiter.

Irgendwann wurde es zu viel

Der Erfolg kommt nicht von ungefähr: Jahrelang hat Gsell bis zu 80 Stunden pro Woche gearbeitet. Irgendwann konnte er nicht mehr. Deshalb übergab die operative Geschäftsleitung an seine Lebenspartnerin ab . Er kümmert sich heute ausschliesslich um das Strategische. «Etwas vom Schönsten an meiner Arbeit ist, dass ich keine Vorgesetzten mehr habe», findet er.

Aufs Ruhekissen legte er sich nicht. Vor einem Jahr eröffnete Gsell zusammen mit einem Freund die erste und einzige Tattooentfernungspraxis der Schweiz, die ausschliesslich Tätowierungen entfernt. «Mein Partner hat das Geschäft über ein Jahr lang erfolglos betrieben. Seit dem ich es in die Hand genommen habe, geht es so richtig ab», sagt Gsell durchaus selbstbewusst.

Prekäre Arbeitsverhältnisse

Der 44-Jährige hat bereits neue Konzepte für weitere Marktlücken in der Schublade. Doch noch fehlt im zur Umsetzung die Zeit. Konkreter wird er hingegen, wenn er über ein Buch spricht, das er gerne schreiben würde. Den Titel hat er sich schon ausgedacht: «Das dreckige Geschäft mit der Sauberkeit».

«Ich möchte den Berufsstand Putzfrau aufwerten», sagt Gsell. Viele Haushalte würden Putzfrauen immer noch illegal beschäftigen. «Zudem wird das Personal leider oft ausgebeutet». In seinem Unternehmen hingegen würden die Putzfrauen als Menschen mit Bedürfnissen wahrgenommen und gut entlohnt.

Welche Rolle spielt das Glück bei seinem Erfolg? Gsell winkt entschlossen ab: «Man macht nichts 20 Jahre aufgrund von Glück.» Vielmehr setze er sich voll und ganz mit dem auseinander, was er gerade mache. «Wenn ich etwas tue, dann richtig», lautet sein Motto. «Zudem werde ich permanent unterschätzt».

Gsell weiss, dass er mit seiner Art nicht dem Standard entspricht. «Ich passe in keine Norm», findet er. So komme es, dass er für viele als ein unberechenbarer und nicht fassbarer Mensch wahrgenommen werde. Für ihn ist das kein Nachteil: «Ich weiss, wie ich wirke und deshalb weiss ich auch, wie ich mit den Leuten umgehen muss.» Der Verantwortung, die er dabei trage, sei er sich absolut bewusst.

Auch Arbeit ist nicht alles

Aber auch beim ehrgeizigen Fehraltorfer geht es nicht immer nur um Arbeit und Erfolg. Seit kurzem verbring er viel Zeit mit seinem acht Monate jungen Hund. «Er lenkt den Fokus auf etwas anderes als immer nur aufs Business.»

Journalist: Manuel Nägeli

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